Liebe, Freiheit, Kindesdiebstahl, Salat und Blindenheilung –
Das Märchen vom Rapunzel

Liebe und Freiheit – wie gehört das zusammen? Und was hat dieser ominöse Rapunzel-Salat damit zu tun? Dieser und anderen Fragen ging der Mächengottesdienst zum Märchen „Rapunzel“ am 11. November in Wallroth nach. Dieses Jahr begeisterte das Team mit einem besonderen musikalischen Genuss: Die Geschichte von Rapunzel, der Gothel, dem Prinzen und dem Salat wurde vom fröhlichen Moritatensänger (Dieter Ruppert) in Reimform vorgetragen.
Und darum ging es: Ein Diebstahl in Nachbars Garten kommt ein junges Paar teuer zu stehen: Für den geklauten Salat verlangte „die Gothel“, so wird die Nachbarin genannt, das Kind des jungen Paares. Das Kind benennt sie nach dem Salat „Rapunzel“ und sperrt es in einen hohen Turm ohne Ein- oder Ausgang. Eines Tages entdeckt auch ein junger Prinz das Mädchen und verschafft sich wie die Gothel über Rapunzels lange Haare Zutritt zum Turm. Als das die Gothel bemerkt, schubst sie ihn kurzerhand vom Turm, was dazu führt, dass er in den Dornen landet und erblindet. Nachdem Rapunzel in ein fernes Land verbannt wird, findet der blinde Prinz sie jedoch wieder und wird durch ihre Tränen wieder sehend.


So eine Geschichte sorgte nicht nur bei den mittelalterlichen Zuhörern auf dem Markt für Aufsehen – auch die Gottesdienstbesucher beteiligten sich durch entsetzte und begeisterte Zwischenrufe an der heiter-nachdenklichen Diskussion auf dem Marktplatz: Von Gier, Diebstahl, Erpressung und Kinderhandel war da die Rede und es kam die Frage auf, welches Jugendamt denn zuständig sei. Liebte die „Gothel“ das Kind denn gar nicht? Oder liebte sie es vielleicht zu sehr und sperrte Rapunzel aus Angst um deren Wohlbefinden ein? Sollte Liebe nicht freimachen und schreibt nicht schon der Apostel Paulus: „Zur Freiheit seid ihr berufen?“ Macht Liebe blind und kann man das auch wieder heilen? Daraus entspann sich auf dem Marktplatz eine intensive Diskussion zwischen einer Bauersfrau (Susann Laakmann), einem Handwerker (Lukas Altvater), einer jungen Frau (Julia Müller), einem Mönch (John B. Pohler) und einem Narren (Wilhelm Laakmann) über Liebe, Regeln und Ängste.
Und was ist die Moral von der Geschicht'?
„Liebe und dann tu, was du willst:
Dann sind Moral, Gesetze nichtig,
denn was aus Lieb geschieht ist richtig.
Und alles ist dem Mensch erlaubt, der- erstens - seinem Gott vertraut, der zweitens – und das ist es eben – sich immer wieder ehrlich fragt: dient, was ich tu, dient es dem Leben? Denn das ist, was die Liebe sagt und drittens – guter Ding braucht´s drei – fragt sich der Mensch, was macht denn frei?“ John Benedikt Pohler